Archive for the ‘Kolumnisches’ Category

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Isolierstation Classics: Imagine Nicole

8. Februar 2009

Der Vorläufer von Besserwixer.de war die Isolierstation. Hier fanden über mehrere Jahre satirische, aber auch nachdenkliche und informative Texte verschiedener Autoren  ein Zuhause. Einen davon veröffentlichen wir heute wieder:

Imagine Nicole
Alex Cee, Juli 2005

Ein weiterer Tag verlischt im Feuer der Vergangenheit und kommt niemals wieder zurück. Schade, denn was hätten wir in den vergangenen 24 Stunden alles verändern können? Wie wäre es mit ein bisschen Frieden und Wasser und Nahrung für die Dritte Welt?

Ein bisschen Freiheit würde unserer Erde auch gut zu Gesicht stehen und das nicht nur in so hoffnungslos gelagerten Fällen wie China, Nordkorea oder Kuba. Ebenso verträgt die Erde, zumindest in den Urlaubstagen, ein bisschen mehr Sonne, wahlweise über Dreieich, Offenbach, Hanau, Darmstadt oder am besten gleich über ganz Südhessen (in Köln und Leipzig kann es von mir aus schiffen).

Ein bisschen Freude, auch über ein Stück halbaltes Brot mit einem maschinell gepressten Mortadella-Imitat aus dem Kühlregal auf dem vertrockneten Laib von vorgestern, würde unserem Leben eine ganz neue Bedeutung geben. Dann wäre alles auch ein bisschen wärmer, wir alle könnten ein bisschen mehr träumen und die Menschen würden nicht mehr so oft weinen. Ein bisschen Frieden, auch am Gartenzaun und zwischen Hund und Katz und ein bisschen Liebe, am besten vor, während und nach der Lindenstraße, das wünsch‘ ich mir.

Ich weiß, diese Worte, die ändern nicht viel. Ich bin nur ein kleiner Junge, der sagt, was er fühlt. Allein bin ich hilflos, ein Vogel im Wind, der spürt, dass der Sturm beginnt. Sing ein kleines Lied, dass die Welt in Frieden lebt, sing ein Lied, auf das ich gewinn‘, und den Sieg mit ins Rei… äh Deutschland nimm. Sing ein Lied, das ein bisschen klingt wie dies…

Imagine, there’s no heaven,
Imagine, there’s no countries,
Imagine, no possessions…

… und zwischen all dem schleimigen Pathos eines Ralph Siegels auf Dope steckt doch ein Körnchen Wahrheit. Wer hätte das gedacht? Auf in den neuen Tag – auf dass er genauso sinnlos verstreicht wie der alte.

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Isolierstation Classics: 1 & 1 = 68,13 EUR?!

2. Februar 2009

Isolierstation – das war der Name unseres kleinen aber feinen satirischen Blogs, sozusagen dem Vorläufer zu Besserwixer.de – Als heutiges nostalgisches Schmankerl präsentieren wir euch einen offenen Brief an den Internetprovider 1&1 aus dem Jahr 2006. 

1 & 1 = 68,13 EUR?!
— Frankster, September 2006

An
Creditreform Koblenz
in.. äh… Koblenz

Betr. Aktennummer 10554718-INK
Alternativ auch: 1&1, dann lieber keins!

Sehr geehrte Credit-Damen und Credit-Herren,

über Ihre Fanpost habe ich mich sehr gefreut! Sie deuten an, dass ich im Vorfeld ihres Schreibens vom 18. September 2006 bereits mehrfach Post von Ihnen erhalten habe. Das liegt durchaus im Bereich des Möglichen, allerdings wanderte diese – aufgrund des nach Werbung aussehenden Logos auf Ihrem Umschlag – mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit ungelesen in den Papiermülleimer. Einem glücklichen (?) Zufall haben Sie es zu verdanken, dass ich dieses Mal gelangweilt genug war, einen nach „Wir bieten Ihnen den besten Kredit ..blablabla“- aussehenden Brief zu öffnen – und – Oh Schreck, Sie wollen sogar Geld von mir!

Sie kündigen also in Ihrem Schreiben vom 18. September an, dass die 1&1 Internat..sorry, Internet AG nach einer letzten Frist bis zum 23. September 2006 (das dürfte dann wohl heute sein) unverzüglich beim Amtsgericht einen Mahnbescheid gegen meine Wenigkeit beantragen möchte, sollte ich nicht bis dato die von Ihnen einzutreibenden 68,13 EUR auf das Konto Ihrer Wahl überwiesen haben. Auf die dann anfallenden und von mir zu tragenden Anwalts- und Gerichtskosten wäre ich angeblich schon mehrfach hingewiesen worden, was in diesem Fall jedoch nicht stimmt, da mein Papierkorb mich nicht von dem Inhalt der nach Werbepost aussehenden Briefe, die ich täglich entsorgen muss, informierte.

Zudem möchte ich Ihnen mit dem Ihnen zugrundeliegenden Fall gerne eine kleine wahre Geschichte über meinen Vertrag mit der 1&1 Garnichtnett..äh..Internet AG präsentieren: Mein Geschäftsverhältnis mit der 1-1 Indernet AG wurde bereits zum 30.09.2005, also voriges Jahr (kurz nach der Bundestagswahl … Sie erinnern sich? CDU gewählt, SPD bekommen!) schriftlich beendet. Eine Kündigung via eMail schlug bereits 2004 fehl, als genausowenig auf meine Kündigung reagiert wurde wie beim eben angesprochenen letzten registrierten Versuch. Ich bin demnach der vollsten Überzeugung, dass seitens der lustigen Online-Nerds aus Montabaur (toller ICE-Bahnhof, leider unbenutzt, da verwaist) kein Anspruch auf mein hart erschnorrtes Arbeitslosengeld mehr besteht – und zwar schon lange nicht mehr. Schei…benkleister!

Nun, vielleicht mag Sie meine schamlose Beichte überraschen, vielleicht aber auch nicht, denn immerhin kennen Sie Ihre Auftraggeber. Und da kann es scheinbar schon mal vorkommen, dass sich eine Forderung als Null und Nichtig erweist, da eine Frau Niersch (Sie wissen schon, die Tratsche mit dem Ekzem im Gesicht) morgens bei der Nagelpflege aus Versehen den Kaffee umgeschmissen und dabei die Tagespost zu einem …hm… sagen wir mal „unleserlichen Klumpen Altpapier“ verwandelt hat. Dummerweise muss sich unter den Unfallopfern auch mein Kündigungsschreiben, welches ich Ihnen in der Anlage zum bestaunen, weiterkopieren, durchfaxen, wegheften und in fünf Jahren zum Papierhexeln mitgeschickt habe, befunden haben.

An und für sich eine sehr bedauerliche und für Sie zeitaufwändige, für 1&1 ärgerliche und für mich belustigende Angelegenheit. Immerhin wird das jetzt nichts mit dem tollen Inkassoverfahren und der Richter muss sich auch wieder mit langweiligen Wirtschaftsbetrugsfällen in Millionenhöhe beschäftigen anstatt sich unserer 68,13 Euro anzunehmen, doch versetzen Sie sich in einer ruhigen Minute in meine Lage: Kündigung abgeschickt, Dienstleister bucht weiter ab, das einige Monate mit angeschaut, Abbuchung zurückgehen lassen und das Finanzinstitut angewiesen, den Dauerauftrag zu stornieren. Achten Sie da darauf, ob die Innerned AG auch tatsächlich den Erhalt der Kündigung schriftlich bestätigt hat?

Sehen Sie, erwischt!

Doch jeder Briefwechsel hat auch etwas Gutes: Sie haben zehn Minuten Ihrer täglichen Arbeitszeit hinter sich gebracht, ich werde Briefe der Dr. Rödl Creditreform nicht mehr mit Werbemumpitz der Dr. Best-Zahnpflege verwechseln und der Student Hagen Gebhardt, der bereits im Jahre 2004 meinen ersten Email-Kündigungsversuch bei der 2-1=1 AG versehentlich mit dem üblichen „Viagra-Pralle-Möpse“-Spam verwechselt und auf „Nimmerwiedersehen“ über den Datenjordan geschickt hat, durfte im Rahmen seiner neuen Praktikumsstelle bei der Deutschen POST AG auch mal wieder etwas sinnvolles zum Bruttoinlandsprodukt beitragen.

Der Angeklagte plädiert somit ganz klar und deutlich auf „Nicht schuldig“. Sie dürfen aber gerne versuchen, in meinem Namen Ihre etwaig angefallenen Inkassovergütungen und Auslagen bei 1&1 in Rechnung zu stellen – nachdem ich der Firma in den letzten Jahren unzählig viel Kohle für Nix in den Rachen geschleudert habe, haben die sicherlich noch einen großen Überschuss an Geldern, die noch nicht in unsinnige Fernsehwerbung gesteckt wurde.

Dann also noch einen schönen Tag nach Koblenz, ich würde mich freuen, bald nicht wieder von Ihren zu hören (es sei denn Sie hätten ein Jobangebot für mich) und behalten Sie bitte im Hinterkopf, dass 1&1 nicht immer = -68,13 Euro ergibt.

Pleite, arbeits- und chancenlos und trotzdem nicht auf den Mund gefallen,

Ihr
Frankster

Anmerkung: Die Idioten haben sich nach einer weiteren Abmahnung und einer symbolischen Zahlung meinerseits von 1.37 EUR (ergibt quasi vom Forderbetrag abgezogen diabolische 66.66 Euro) nie mehr gemeldet…

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Isolierstation Classics: Erbsenzähler

31. Januar 2009

Lange vor Besserwixer.de gab es die Isolierstation – einen gemeinsamen Blog von Alex Cee und meiner Wenigkeit. Satirische Texte sorgten doch schon für ein positives Feedback und eine spätere Buchveröffentlichung. In unseren „Isolierstation Classics“ lest ihr heute einen offenen Brief an einen bekannten Katzenfutterhersteller.

 

Erbsenzähler
— Alex Cee, Februar 2006

Liebes Whiskas®-Team,

ich schreibe Ihnen im Auftrag meines Katers Rasputin, seit 10 Jahren ein treuer Kunde Ihres Hauses und bis dato ein begeisterter Konsument Ihres Trockenfutters. Im Gegensatz zu vielen anderen Vertretern seiner Rasse ist er ein sehr wählerischer Gourmet und lässt nur Qualitätserzeugnisse von ausgewählten Futterherstellern über seine verwöhnten Lippen wandern.

Da Sie von Whiskas® stets Wert auf höchste Qualität legen und zu Recht alles darum geben, der Katze mit Ihren Nahrungsmitteln ein glückliches und gesundes Leben zu ermöglichen, hatte Rasputin kein Problem damit, ihr Whiskas® Adult Trockenfutter mit Thunfisch und Lachs zu fressen, so lange es nicht länger als 12 Stunden der Normalatmosphäre außerhalb der Verpackung ausgesetzt war, denn dann ist der appetitliche Fischgeruch verfolgen und das Futter für ihn ungenießbar.

Doch dies ist nicht der Grund, warum ich Ihnen schreibe. Sie müssen ja keine Rücksicht auf die extravaganten Gewohnheiten meiner Stubendiva nehmen. Vielmehr lässt Rasputin durch diesen Kanal ausrichten, dass er nicht Ihre Meinung teilt, dass die seit kurzem zugemischten Erbsen zur katzengerechten und gesunden Ernährung gehören. Auch wenn Sie sich auf Ihrer Homepage als eine Marke preisen, die für „jahrelange Erfahrung im Bereich Katzenhaltung und -ernährung“ steht, entgegnet mein Kater, dass er in seinem Dasein ALS Katze sehr wohl besser beurteilen kann, was gut für ihn ist und was nicht.

Er zumindest hat noch nie unter freiem Himmel nach Erbsen gesucht und sie sorgfältig aus der Hülse gepellt, nur um sie anschließend wild schnurrend und mit Hochgenuss zu fressen. Eigentlich hat er noch nie nach Gemüse gebuddelt, es sei denn, er wollte mit der Erde sein eben gesetztes Häufchen zuscharren.

Rasputin möchte Sie mit dieser Mail an die strikte Einhaltung der Nahrungskette „Pflanze – Tier – Katze“ erinnern, da seinem Empfinden nach Erbsen vornehmlich zur Mast von Hasen und Wild gedacht sind, damit diese später, aus der Dose gepellt, über seinen Gaumen rutschen können. Manchmal frisst zwar auch sein leibeigener Zweibeiner und Dosenöffner diesen ekligen Kram, doch was will man von einer Rasse erwarten, die auch vulgäre, laute und sabbernde Hunde hält und den ganzen Tag in diese bunte, flackernde Kiste starrt, wo ab und an ein kleines Auto durchfährt oder 22 andere Zweibeiner einer weißen Kugel hinterher rennen? Da Rasputin aufgrund seiner Anatomie über keine Finger verfügt, um schwulen Grünkram aus der Schale zu sammeln und es leid ist, die Erbsen fein säuberlich mit der Nase aus dem Napf zu schubsen, hat er sich dazu entschlossen, Ihr Whiskas® Adult mit Thunfisch und Lachs und Knackits® mit Gemüse künftig zu ignorieren.

Da wiederum sein Herrchen eine ganze Weile dafür ackern muss, damit sein launisches Haustier ÜBERHAUPT etwas in seiner Futterschale vorfindet, habe ich mich dazu entschlossen, zukünftig auf Brekkies® mit Kabeljau und Seelachs umzusteigen, es sei denn, die Erbsen fliegen wieder aus der Futtermischung und werden von Bonduelle® zu was Gescheitem verarbeitet oder von Dr. Oetker® auf eine Pizza gelegt. Rasputin zumindest frisst es nicht.

Mit freundlichen Grüßen, 

Alex Cee für Rasputin, seinen Hausdrachen

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Isolierstation Classics: Zwei Socken, 50 Euro & ein Brief

28. Januar 2009

Und ein weiterer Teil unserer Isolierstation Classics – diesmal mein Brief an die Rechtsanwälter eines Sockenversenders, die mir wochenlang auf die Eier Füße gingen. Weitere Klassiker vom satirischen Vorläuferblog zu Besserwixer.de folgen in den nächsten Tagen..

 

Zwei Socken, 50 Euro & ein Brief
— Frankster, Juli 2005

An eine Anwaltskanzlei
in Baden-Baden

Betr.: Aktenzeichen 33.04.189246-01.XY.ungelöst
Alternativtitel: Die deutsch/französische Socken-Affäre

Sehr geehrte Damen und Herren Rechtsanwälte,

vielen Dank für Ihre nette Fanpost. Seit Monaten ergötze ich mich an ihrem regen Briefaustausch, der jedoch Dank mir bisher sehr einseitig verlaufen ist. Dies soll sich hiermit ändern.

Sie kündigen in Ihrem letzten Schreiben vom 24.7.2005 an, gegebenenfalls ein gerichtliches Mahnverfahren gegen meine Wenigkeit einzuleiten, sollte ich die Gesamtsumme von EUR 54,85 für ein paar Socken (hallo?!?) nicht bis spätestens zum 3. August 2005 getätigt haben. Dem hingehend habe ich Neuigkeiten für Sie: Die französische Sockenfirma erhält von mir keinen Cent … und erst recht keine Francs!

Hintergrund ist folgender: An meine Klumpfüße lasse ich nur die Socken, die mir meine Mutter kauft. Ich käme nie auf die Idee, selbst welche käuflich zu erwerben, geschweige denn bei einer Firma im Ausland zu ordern. Ich bin doch nicht doof, ich kaufe bei Media Markt. Womit wir zum entscheidenden Punkt kämen: Ich habe niemals Socken bei einer Firma im Ausland geordert!

Es ist durchaus möglich, dass Ihr Klient einmal im Couponheft eines Werbeeinwurfs enthalten war und ich mich aus purer Langweile dazu entschieden habe, ein paar „gratis“ Fußbekleidungsstücke zu testen, jedenfalls kann ich es mir nur so und nicht anders erklären, jetzt diesen Fauxpas mit Ihnen ausfechten zu müssen. Sollten dies die Mittel und Wege Ihres Klienten sein, seinen Opfern nun durch Sie horrende Summen in Rechnung zu stellen, bin ich zumindest auf dem richtigen Weg, diese Grimm’sche Geschichte langsam aber sicher zu verstehen, auch wenn der Froschkönig bisher nicht aufgetaucht ist!

Ich räume ein, dass es durchaus im Bereich des Möglichen liegt, damals eine weitere unaufgeforderte Sockenlieferung erhalten zu haben. Mein Gedächtnis weist hierzu jedoch Lücken auf, da die ganze Geschichte meines Erachtens inzwischen schon so weit verjährt ist, dass ich mich gar nicht mehr an das „Jahr der Strümpfe“ erinnern kann. Ich könnte, gemäß der Zeit, die inzwischen vergangen ist, meine Großmutter fragen, ob sie sich noch erinnert, jedoch verstarb diese kurz nach meinem sechzehnten Geburtstag. Traurige Geschichte, die ich Ihnen vielleicht ein andermal erzählen werde.
Lange Rede, kurzer Sinn: Keine Socken, keine Kohle, kein Gewinn!

Schönen Tach noch,
Frankster
(heute barfuß)

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Isolierstation Classics: An meinen Nachbarn

27. Januar 2009

Treue Besserwixer.de Leser wissen schon lange, dass dieser Blog hier ursprünglich aus der „Isolierstation“ entstanden ist, einem gemeinsamen Projekt von meinem Kumpel Alex Cee und meiner Wenigkeit, welcher im Jahr 2006 sogar ein Buch zustande brachte. In den nächsten Tage werde ich einige – meiner Meinung nach zeitlose – Texte aus altem Iso-Bestand hochladen. Nummero Uno ist Ceesters grandioser offener Brief an seinen Nachbarn…


An meinen Nachbarn
— Alex Cee, Oktober 2005

Bitte verstehe mich nicht falsch. Ich habe absolut nichts dagegen, dass Du zum Einzug in das neue, 200m² große, mit acht Zimmern gut bestückte und sehr geräumige Studenten-Penthouse eine Einweihungsparty schmeißt. Es sei Dir auch gegönnt, zum Kauf der neuen Räumlichkeiten durch Papi die halbe Jura-Studentenschaft einzuladen, die mit ihren frisch polierten, szenekonformen Upperclass-Fahrzeugen für die Twenty-Somethings von heute die ganze Straße voll stellen und ein Vorwärtskommen jenseits von Großmutters Schrittgeschwindigkeit geradezu unmöglich machen. Insbesondere Dein von mir heiß geliebter Yuppie-Porsche Marke Mini(pli) darbietet sich in meiner Einfahrt besonders gut und mit Sicherheit wäre es ein Hochgenuss für meine Fahrlehrerin gewesen, mir dabei zuzuschauen, wie ich all das von ihr gelernte Handwerk anwenden durfte, um millimetergenau an Deiner blauen Knutschkugel vorbeizumanövrieren, damit der Lack Deiner Paris-Hilton-Schaukel auch bloß keinen Kratzer abbekommt.

Wirklich, mein lieber neuer Nachbar, ich bin ein toleranter Mensch. Ich komme mit Punks aus und von mir aus auch mit Hooligans. Ich besuche Heimspiele der Offenbacher Kickers und ich schaue mir Hardcore-Wrestling in Essen an. Auch habe ich kein Problem damit, die von Dir titulierte „Musik“ – eine Mischung aus Electronic, Jazz, Fahrstuhlmucke und ganz viel Schnee – mit 300 Dezibel eine Nacht lang zu ertragen. Und – hey – selbstverständlich steht es Euch auch zu, etwas zu essen und euch besinnungslos vollzuschütten, wenn ihr Euch schon in der fußballfeldgroßen Wohnung eine Nacht lang gegenseitig ertragen müsst. Dass der Offenthaler-Chinese gut ist und der Bambi-Pizzadienst weniger gut, das weiß ich auch, und – zugegeben – diese Erfahrung muss man sammeln, wenn man sich in Dreieich niederlässt.

Und doch, lieber Nachbar im Gucci-Hemd, es gibt da etwas, das mein persönliches Empfinden arg kränkt. Es ist nicht das Licher x²-Lemon, das ihr getrunken habt, und es sind auch nicht die trendy Instant-Alcopops, die gefriergetrocknet in etwa so bekömmlich sind, wie sämtliche andere Sonderabfallprodukte aus dem Chemiewerk, aus dem sie stammen. Ich störe mich auch nicht an dem Geschlechtsverkehr, den ihr zu solchen Anlässen untereinander begeht und ich unterstütze sogar euren Kampf gegen Aids, Tripper und ungewollte Schwangerschaft, den ihr mit der Verwendung von London-Pimmelüberzieher zum Ausdruck bringt.

Nur eine Kleinigkeit, mein lieber Nachbar, nur eine Kleinigkeit solltest Du beherzigen, wenn Du mal wieder auf die Idee kommen solltest, eine Orgie für die Leitungskräfte von Morgen zu veranstalten. Wenn Du also mal wieder nicht weißt, wohin mit dem ganzen Geld aus Deinen Aktiendividenden, Mieteinnahmen und Omas Sparstrumpf, dann investiere Deine Kohle doch in einen Abfallbeseitigungsfachmann.

Du kannst es natürlich auch wieder so machen wie am Samstag, als Du und Deine Kumpanen – laut grölend und unschwer zu überhören – die Überreste Deines gemütlichen Beisammenseins mit Schwung über unseren Gartenzaun geworfen und dabei nicht nur mich, sondern – viel sträflicher – auch meine Tüte voller Leckerlis von McDonalds nur um haaresbreite verfehlt hast! Vielleicht hat Dich mein „HHHEEEEYYYY DU KOKSENDER PENNER“ ein wenig irritiert oder vielleicht war es auch der große Knall des aufplatzenden Gelben Sacks, der Dich zur sofortigen Flucht in Deine Lounge veranlasst hat, doch sei Dir an dieser Stelle folgendes gesagt:

Nur weil wir die Bundys der Straße sind, heißt das lange noch nicht, dass Du Deinen Partymüll auf unserem Grundstück entsorgen darfst! Ist Dir überhaupt einmal in den Sinn gekommen, dass die umherfliegenden unverdauten Essensreste kein geeigneter Appetizer für meinen Hamburger Royal mit Käse und die 6er Chicken McNuggets sind? Mal ganz davon abgesehen, was wird wohl meine Großmutter denken, wenn Deine ausgelutschten Lümmeltüten in ihren Begonien hängen?

Du als neo-liberaler Jungwähler hast sicherlich Verständnis dafür, dass ich mir die Freiheit genommen habe, die drei Säcke wieder einzusammeln und mitsamt der Adresse vom örtlichen Betriebshof vor Deine Tür zurück zu befördern. Wenn dabei „aus Versehen“ der eine oder andere Beutel den Aufprall des 50 Meter Weitwurfs nicht überlebt hat, tut mir das schrecklich leid für Dich, doch Gelbe Säcke sind für derlei Zwecke eben nicht geeignet… vor allem nicht, wenn sie zweimal durch die Luft fliegen.

Solltest Du nun Dein umfangreiches Fachwissen um das Bürgerliche Gesetzbuch dazu verwenden wollen, mir nach meiner Reaktion auf Deine Aktion an den Karren zu pinkeln und mich vor Gericht zu zitieren, sei Dir schon mal mein neuer Wohnsitz „Am Arsch Platz 13, 12345 Leckmichingen“ für die Klageschrift genannt. Für Dich zahle ich sogar gerne ein Bußgeld!
Mit dem Wunsch auf eine weitere, gute nachbarschaftliche Beziehung verbleibe ich,

mit toleranten Grüßen aus den Tiefen meines Hinterteils,
Dein Ceesterli